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Georges Tarbouriech
von Georges Tarbouriech
<gt(at)linuxfocus.org>

Über den Autor:

George ist ein langjähriger Unix-Anwender. Das GNUstep-Projekt ist eines seiner liebsten freie Software Projekte.



Übersetzt ins Deutsche von:
Jürgen Pohl <sept.sapinsQverizon.net>

Inhalt:

 

GWorkspace, der GNUstep-Workspace-Manager

[illustration]

Zusammenfassung:

Das Konzept des Workspace Managers erschien mit NeXT am Ende der 80iger Jahre. Es war eine vollständig neue Anwendung eines System-GUI. Gworkspace ist die freie GNUstep-Implementierung dieser Revolution.


_________________ _________________ _________________

 

Was ist der Workspace Manager ?

Wie der Name andeutet, können wir mit ihm unsere Arbeitsoberfläche verwalten. Im Ernst, es ist heutzutage nicht einfach zu erklären, da die meisten Windowmanager oder Desktop-Oberflächen diese Art von Eigenschaften aufweisen, wie z.B. die Fähigkeit, so ziemlich alles von einer Oberfläche durch Menüs, Icons, Inspektoren, usw. kontrollieren zu können. Alles dieses geschah in Verbindung mit einem File Viewer, der uns natürlich gestattete, durch den Systembaum zu browsen, aber auch Anwendungen zu starten, Zugriffsrechte zu ändern, Anwendungen mit Dateien zu verknüpfen, usw. Die Grundidee war, die Anzahl der offenen Fenster zu reduzieren und mittels Menüs oder Icons das gleiche Ergebnis zu erhalten.
Das ist also eine kurze Zusammenfassung. Wie schon gesagt, das ist die "normale" Arbeitsweise von grafischen Benutzeroberflächen der heutigen Computer. Warum also dieses Werkzeug, wenn wir diese Eigenschaften schon griffbereit vorfinden? Sagen wir mal, es ist eine Sache des Geschmacks! GNUstep ist etwas anders und so sind die damit verbundenen Anwendungen. Es ist wichtig, zu verstehen, dass GNUstep kein Windowmanager und auch keine Benutzeroberfläche ist. Es ist vielmehr eine Struktur, die diesen übergeordnet ist - egal wie sie sich nennen: Window Maker, KDE, Gnome oder wie auch immer. Da jedoch spezifische Anwendungen für Gnustep entwickelt oder die vorhandenen damit benutzt werden, können wir es vielfach mit einer Benutzeroberfläche vergleichen. Die beste Anwendung von GNUstep ist vermutlich die Installation, welche Window Maker übergeordnet ist. Window Maker ist der "offizielle" Windowmanager von GNUstep, es kann auch mit anderen Betriebssystemen angewendet werden.
Werfen wir also einen Blick auf diese großartige Applikation: GWorkspace.

 

Wo finden wir GWorkspace und wie installieren wir es

Als erstes muss GNUstep in unserem System installiert sein. Zur Zeit sind gnustep-make 1.6.0, gnustep-base 1.6.0, gnustep-gui 0.8.5 und gnustep-back 0.8.5 die neuesten stabilen Versionen. Die neuesten CVS-Versionen stehen auch zur Verfügung.
Unser System kann ein freies Unix (wie Linux, BSD) oder ein proprietäres Unix (wie Solaris, Irix) oder.. sogar Windows sein. Natürlich ist GNUstep, je nach eingesetztem Betriebssystem, mehr oder weniger stabil. Auf der GNUstep website finden wir mehr Informationen darüber, besonders in der GNUstep-build-Anleitung. Im GNUstep-Howto dieser Distribution finden wir plattformspezifische Anweisungen.
Auf der gleiche Webseite finden wir Links zu den Downloads der meisten verfügbaren Anwendungen. Im User Apps-Abschnitt finden wir den Link zu GWorkspace, dessen offizielle Webseite http://www.gnustep.it/enrico/gworkspace/ ist. Zur Zeit ist GWorkspace bei Version 0.5.0. Es ist das Werk von Enrico Sersale, Fabien Vallon und Alexey Froloff.
Die Installation von Gworkspace geschieht auf die klassische Weise: mit den zwei Befehlen configure und make install führen wir das durch. Auf einigen Systemen (z.B. FreeBSD) müssen wir jedoch make mit gmake ersetzen. Als Compiler empfiehlt sich gcc 3.2 (oder mindestens 3.0.4).
Um ihn zu benutzen, geben wir den üblichen GNUstep-Befehl ein: openapp GWorkspace.app. Benutzen wir Window Maker, können wir ihn wie jede andere GNUstep-Anwendung andocken.
Hier sehen wir, wie das aussieht:

GWorkspace
Als nächstes nehmen wir unsere Einstellungen vor.

 

Persönliche Einstellungen des GWorkspace

Im Einstellungen (Preferences) -Untermenü des Info-Menüs finden wir verschiedene Auswahlmöglichkeiten. Wir bestimmen hier unseren Default-Editor, das Default-Terminal und die gewünschte Reihenfolge der Dateien, die wir mit dem File Viewer betrachten wollen, den Hintergrund der Arbeitsoberfläche, das Verhalten beim Manipulieren von Datei (kopieren, verschieben, entfernen, usw.), die Dateien, welche der File Viewer nicht zeigen soll, die Icon-Animation und die Einstellungen verschiedener Dimensionen.
Hier ist ein Beispiel des Default-Editors:

Editor prefs
Das führt uns zu einer der wichtigsten Eigenschaft des GWorkspace: die Anwendungs-Wrapper. Wie wir schon erwähnten, konnte man schon mit dem Original-File Viewer Anwendungen starten. Desgleichen mit dem GWorkspace Viewer - solange es GNUstep-Applikationen sind. Wie steht es mit den anderen Anwendungen? Sie benutzen einen Wrapper. Das heisst, jede GNUstep (oder NeXT, OpenStep oder Mac OS X) - Anwendung erscheint als Verzeichnis mit der "app"- Dateierweiterung im File Viewer oder mit dem ls-Befehl in einer Shell. Jede Anwendung (ausser einer GNUstep-Applikation) kann ein Verzeichnis mit der "app"-Erweiterung werden.
Wir müssen also dann für die Anwendung ein Verzeichnis mit einer "app"-Erweiterung einrichten. Dieses Verzeichnis muß in den meisten Fällen das Icon der Anwendung erhalten, ein Skript zum Starten, ein Ressourcen-Unterverzeichnis mit der Info-gnustep.plist-Datei und gegebenfalls die Icons der Dateitypen, welche die Anwendung verarbeiten kann. Ein Editor könnte z.B. Icons für *.m-Source-Dateien, *.c-Source-Dateien, *.h-Source-Dateien, *.txt-Dateien und etc. enthalten. Oder ein Webbrowser könnte ein Verzeichnis mit *.html-Dateien, *.shtml-Dateien, usw. haben.
Natürlich können diese Verzeichnisse vom File Viewer durch das Dateimenü und das Untermenü "Open as Folder" eingesehen werden. Das sieht so aus:

Open as folder
Danach können wir also so viele wrappers Verzeichnisse wie wir wünschen nach dem vorgegebenen Modell einrichten. Einige Wrapper für GWorkspace stehen auch zum Herunterladen bereit. Natürlich müssen diese Verzeichnisse am richtigen Platz sein, d.h. im Pfad der GNUstep Applikationen ( in GNUSTEP_LOCAL_ROOT/ Applications oder GNUSTEP_SYSTEM_ROOT/ Applications).
Eine weitere angenehme Eigenschaft von GWorkspace ist der Fiend. Er kann Anwendungen starten, neue Menüs am Dock einrichten, usw. Er kann in gewisser Weise mit dem Window Maker Clip verglichen werden. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine Redundanz, sondern sie sind komplementär.
Der Fiend wird vom Toolmenü aus aktiviert oder versteckt. Um dem Fiend eine Anwendung hinzuzufügen, genügt es, dessen Icon vom File Viewer herüberzuziehen. Mit dem gleichen Menü können wir auch Layer hinzufügen. Wir bewegen uns durch diese mittels Klicken auf die Pfeile des Icons des Fiend.
Die so im neuen Dock angelegten Icons können auch über das Windowsmenü verwaltet werden, was erlaubt, dass wir jedes Icon individuell zeigen oder verstecken können (so, als würde jedes Icon als ein Window betrachtet werden).
Hier ist ein Bild, das zeigt, was der Fiend leisten kann.

Fiend
So, jetzt sind wir bereit unseren nagelneuen GWorkspace zu benutzen.

 

Mit GWorkspace arbeiten

Unseren "Maussüchtigen" erlaubt GWorkspace fast gänzlich ohne Tastatur zu arbeiten. Wir können kopieren, verschieben, duplizieren, löschen oder neue Dateien und Verzeichnisse einrichten - alles mit der Maus im File Viewer. Auf die gleiche Weise ist es möglich, Dokumente in den zugehörigen Anwendungen zu öffnen: das können Textdateien, Html-Dateien, Bilder, usw. sein. Wir können Dateien oder Verzeichnisse durch Klicken auf den Namen umbenennen, wenn diese auf dem grafischen Verzeichnispfad ausgewählt werden.
Vielleicht habt ihr bemerkt, dass GWorkspace einen Papierkorb auf den Desktop hinzufügt. Erübrigt sich zu sagen, wozu man ihn braucht...

 

Menüs

Als erstes sehen wir das Info-Menü. Hier können wir das "about"-Feld oder das Einstellungsmenü öffnen.
Als nächstes folgt das Dateimenü. Von hier können wir Dateien oder Verzeichnisse öffnen, einrichten, entfernen, duplizieren oder verschieben, den Papierkorb leeren (wenn was drin ist!). Wir können auch die ausgewählte Datei drucken.
An dritter Stelle ist das Bearbeitungsmenü, durch dieses können wir im File Viewer ausschneiden, kopieren und einfügen. Wir können auch alle Dateien in einer Spalte des File Viewers auswählen.
Als viertes folgt das View-Menü. Gemäss dem Namen erlaubt es uns den Ansichtmodus des File Viewer auszuwählen: Browser, kleines Icon, Icon.
Das Fünfte ist das Tool-Menü. Offensichtlich finden wir hier die vertrauten Inspektoren.
Mit dem Attribut-Inspektor sind wir in der Lage den Lese/Schreibzugriffsrechte für Dateien oder Verzeichnisse zu ändern oder die Grösse eines Verzeichnisses festzustellen.
Mit dem Content-Inspektor ist es möglich, den Inhalt einer Textdatei, einer Imagedatei oder den Dateityp einer ausgewählten Datei anzuschauen. Für Verzeichnisse haben wir die Möglichkeit, die Sortierung (nach Namen, Grösse, Datum, usw.) zu bestimmen.
Der Zugriffskontrollinspektor macht es uns möglich, alle Zugriffsrechte einer Datei oder rekursiv innerhalb eines Verzeichnisses zu ändern - vorausgesetzt wir sind deren Eigentümer.
Schließlich können wir mit dem Tool-Inspektor eine Default-Anwendung zum Öffnen der Dateien bestimmen.
"Tastaturliebhaber" brauchen nicht zu verzweifeln: es gibt jede Menge shortcuts. Sie sind in den Menüs leicht zu finden ("Alt" ist normalerweise die Metataste).
Hilfreich ist auch ein leistungsfähiger Finder (nicht das Gleiche, wie der Datei-Viewer in der Mac OS X - Terminologie, sondern ein grafischer 'finden'-Befehl). Er ist als Version 0.5.0 vollständig neu geschrieben worden und bietet viele Optionen.
Wir können auch einen Befehlspuffer des File Viewer öffnen.
Im Anwendungen-Untermenü finden wir eine Liste aller offenen Anwendungen und das Untermenü für Datei-Operationen zeigt uns die Hintergrundprozesse.
Wie schon erwähnt, wird der Fiend auch von dort ein- oder ausgeschaltet. Ein Terminal kann ebenfalls vom Tools-Menü aus geöffnet werden.
An sechster Stelle ist das Windows-Menü und es... verwaltet unsere Windows.
Vom Services-Menü - an siebter Stelle - starten wir einige spezifische Anwendungen.
Achtens ist das Hide (Verstecken)-Menü - der Name sagt's.
Und schließlich als neuntes, das Quit-Menü.

 

File Viewer

Wie wir schon gesehen haben, hat der File Viewer verschiedene Displaymodi. Den Browsermodus haben wir in den vorangegangenen Screenshots gesehen. Es gibt auch einen Icon- und Kleine Icons-Modus. Im Vergleich zum NeXT-File Viewer fehlt der Listenmodus - dieser funktioniert wie ein ls -l-Befehl - hoffentlich finden wir diesen in einer zukünftigen Version.
Wir können uns nicht mit dem File Viewer beschäftigen, ohne das Shelf und den Verzeichnispfad zu erwähnen. Das Shelf steht an oberster Stelle im File Viewer. Hier können wir vorübergehend Dateien oder Verzeichnisse speichern, entweder bevor wir sie verschieben/kopieren oder um sie schnell verfügbar zu machen. Das geschieht, indem wir mittels Drag and Drop eine Datei oder ein Verzeichnis vom Browserfenster ziehen. Bewegen wir eine Anwendung auf das Shelf, können wir Dateien von dort natürlich öffnen.
Der Verzeichnispfad (zwischen dem Shelf und dem Browser) ist eine der besten Eigenschaften des File Viewers. Hier können wir sehen, wo wir uns im Systembaum befinden: sehr nützlich auf Unix-Maschinen, wo Dateien oder Verzeichnisse tief in der Hierarchie verborgen sein können.
Durch Ausprobieren können wir noch viele andere angenehme Eigenschaften des File Viewer entdecken.

 

GWorkspace und seine Freunde

GNUstep und seine verfügbaren Anwendungen verbessern sich zur Zeit schneller, als vor ein paar Jahren. Die Herausgabe des Mac OS X scheint GNUstep angeregt zu haben. Mehr und mehr Anwendungen sind jetzt OS X- kompatibel. Wir können erwarten, dass bald die meisten davon gleichermassen mit den meisten Unixsystemen - proprietär oder frei - arbeiten, sogar mit Windos. Für viele trifft das schon zu. Das heisst, GNUstep erreicht sein ursprüngliches Ziel, eine plattformübergreifende Entwicklungsumgebung nach der OpenStep-Spezifikation zu bieten. Natürlich kann GNUstep keine volle Kompatibilität mit OS X garantieren. APPLE ist eine grosses Unternehmen mit jeder Menge Entwicklern, GNUstep dagegen ist ein freies Softwareprojekt mit ein paar Freiwilligen - ein gewaltiger Unterschied also. Studieren wir jedoch frühere Artikel über GNUstep in LinuxFocus, können wir den stetigen Fortschritt feststellen (Referenzen finden sich am Ende des Artikels).
Noch einmal: GNUstep ist anders. Selbst wenn wir das NeXT-Look and Feel nicht besonders mögen, ist doch die GNUstep-Ausführung von höchster Qualität und kann als Vorbild eines Entwicklungsrahmens gelten. Unglücklicherweise scheinen nur Leute davon zu wissen, die mit NeXTstep oder Openstep gearbeitet haben. Sogar nach fünfzehn Jahren ist dieses System und seine freie Implementierung immer noch seiner Zeit voraus. In anderen Worten: es ist benutzer- und entwicklerfreundlich.
Wirklich, ihr solltet es ausprobieren! Die Installation von GNUstep erlaubt uns den Gebrauch solch hervorragender Anwendungen wie GWorkspace. Letzteres verdient mehr, als einen einzigen Artikel, denn es ist viel mehr als ein schlichter Dateiviewer. Als solcher ist er eine der besten grafischen Methoden, um im Systembaum zu browsen. Heutzutage scheint das alles ganz normal zu sein: versuchen wir uns zu erinnern, wie das vor fünfzehn Jahren war! Seither hat übrigens niemand etwas Besseres herausgebracht. Probiert's nur aus.
Bis heute haben wir in LinuxFocus nur die "grossen" Anwendungen des GNUstep betrachtet. In einem zukünftigen Artikel werden wir uns den "kleineren" Details zuwenden, die zahlreicher sind, als viele Leute annehmen.
Leben wir nicht in einer großartigen Zeit ?

 

Referenzen

Die eine und einzige :
GNUstep Webseite.
Hier finden sich Links zu Benutzer- und Entwickleranwendungen, und vieles mehr.
Die deutsche Webseite ist:
GNUstep.de website.
Eine der wichtigsten GNUstep-Ressourcen, mit Anleitungen, Leitfaden, usw.:
GNUstep.it website.
Eine weitere Webseite, die jede neue Freigabe ankündigt:
GNUstep.us website.
Wer Französisch kann, findet hier eine ansprechende Webseite im Aqua-Look (z.Z. leider ausser Betrieb):
clubstep website.
Zwei gute Distributions-Projekte: :
SimplyGNUstep distribution
Linuxstep distribution
Hier finden sich viele Informationen bezüglich GNUstep:
Wiki
LinuxFocus hat verschiedene Artikel über GNUstep veröffentlicht. Hier sind sie:
GNUstep, the open source OpenStep.
GNUMail.app, the portability evidence .
Gorm and ProjectCenter, the GNUstep RAD tools.

Ein weiterer File Viewer für Windows war vor ein paar Jahren erhältlich, er wurde aber nicht weiterentwickelt. Er ist jedoch hier zu finden: http://www.bayerline.de/~gscholz/linux/fsviewer. Er wurde geändert, um es zu ermöglichen, ihn mit neueren Versionen von Window Maker zu kompilieren. Schauen wir auch in diesen älteren LinuxFocus-Artikel:
FSViewer, a file manager for Window Maker.



 

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